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Geschichte

Vom 09.-16.06.2018 findet bereits zum 27. Mal die beliebte Workshop- und Seminarwoche in Wigry statt. Wigry ist ein Kloster im schönsten polnischen Nationalpark. Es hat mal jemand gemeint, dass Wigry vermutlich das längste durchgängig erfolgreiche Ost-West-Projekt sein könnte.

Wie kam es eigentlich zu diesem Projekt?

Eigentlich nur deswegen, weil Kris Klajs im Mai 1987 auf einer internationalen Familientherapie-Konferenz in Prag nicht in der Lage war, den Workshop zu finden, zu dem er eigentlichen wollte. Er schaute in das falsche Zimmer und da unterrichtete ich. Er blieb spontan da und lud mich danach zu einem Workshop nach Warschau ein. Auf derselben Konferenz lernte ich Kollegen aus Leipzig und Ost-Berlin kennen. So starteten meine Frau, meine Tochter Alexandra und ich in den Osterferien 1988 zu unserer Ost-Tour: Workshop in einem katholischen Krankenhaus in Leipzig, einem evangelischen Kirchenzentrum in Ost-Berlin und dann weiter nach Polen.

Kris Klajs machte dann im Jahr 1989 mit Frau und Tochter bei uns in Rottweil Urlaub und wir gingen im Sommer 1990 zum Gegenbesuch nach Polen. Kris hat uns in die Gegend von Wigry eingeladen. Wir waren die ersten West-Urlauber dort. Bei dieser Gelegenheit äußerte Kris die Idee eine Seminarwoche ins Leben zu rufen, die Segeln mit Hypno-Seminaren verbindet. In Österreich hatte er gehört, dass es sowas in Kombination mit Skifahren gibt. Er erzählte uns von seiner großen Erfahrung Seepfadfinderlager zu leiten und auch dass er mit dem polnischen Nationalteam von Europa nach New York zur 200-Jahr-Feier der USA gesegelt sei. Wir besichtigten viele meist ziemliche hässliche Gewerkschaftserholungsheime in dieser Region. Nichts taugte für unsere Idee. Dann wollte Kris ein Kloster wiedersehen, das er einmal als Jugendlicher mit den Seepfadfindern besucht hatte.

Als ich die Klosteranlage Wigry sah, war ich sofort begeistert und fragte: Kann man das auch für eine Seminarwoche bekommen? Kris hatte daran selbst nicht gedacht und meinte nur: Mal schauen, das ist im Besitz des Kultusministeriums. Er bekam schließlich beim Ministerium grünes Licht. 1992 gab es die 1. Seminarwoche mit ganzen 17 Teilnehmern. Wigry war damals zu großen Teilen noch nicht restauriert. Es war noch weit von jenem Zustand entfernt, in dem es später mal war. Papst Woityla machte dort nämlich einige Tage Urlaub und frischte ebenfalls Jugenderinnerungen auf. Seither ist das Kloster polnische Kultstätte. Einige Jahre lang stritten sich Staat und Kirche, wem das Kloster jetzt gehört. Der Staat hatte es nur gepachtet und der Vertrag ist abgelaufen. Seit 2011 hat die Kirche wieder das Sagen.

Für beide von uns blieb übrigens 1992 jeweils 3000 DM übrig. Kris verdiente damals als Klinikpsychologe 200 DM im Monat. Er bekam also in einer Woche noch einmal mehr als einen kompletten Jahresverdienst. Wir wurden immer mal gefragt, warum nicht mehr polnische Teilnehmer da sind. Für die war das Kloster meist einfach zu teuer. Es war auch unser gemeinsamer Plan die Seminarwoche so zu gestalten. Die Überschüsse aus dieser Seminarwoche unterstützten den Aufbau des polnischen Milton Erickson Instituts. Dieses unterdessen größte und angesehenste private Institut in Polen mit Stammsitz in Lodz hat auch mehrere internationale Kongresse organisiert. Es gibt Dependancen in mehreren Städten. Einer der Trainer des Instituts wurde vor kurzem zum Vorsitzenden der polnischen psychiatrischen Gesellschaft gewählt. Kris ist in ganz Polen bekannt und einflussreich. Er hat lange eine abendliche Live-Radiosendung moderiert, die in ganz Polen ausgestrahlt wurde. Ich kenne niemand im Feld, der eine so große Erfahrung im Coachen von Top-Politikern hat. Den einzigen Namen, den man nennen kann, ist Lech Walesa. Dieser hat in seiner Biographie Kris Klajs namentlich als Mitglied seines Beraterteams genannt. Es gibt mehrere andere Politiker, die bei uns genauso bekannt wie Walesa sind, die sich von Kris Klajs schon mal haben coachen lassen. Auf der Tagung Mentales Stärken im Oktober 2010 wird er zu diesem Thema einen Workshop halten. Auch in Wigry hat er dazu schon Seminare gehalten.

Mit 20 Jahre Wigry verbinden sich viele Erinnerungen. Die meisten der deutschsprachigen Hypnotherapeuten und viele internationale Kollegen haben dort zusammen mit polnischen Kollegen schon unterrichtet und die einmalige Atmosphäre von intensivem Lernen in kleinen Gruppen, gemeinsamen Segeln, Kajakfahren, Tanzen, Singen am Lagerfeuer oder an einem Karaoke-Abend. Man hat dort einfach die Zeit über viele inhaltlichen wie politischen Themen mal ausführlich bei gemeinsamen Aktivitäten zu reden. Die Woche Mitte Juni mit den längsten Tagen im Jahr schafft meist ein besonderes Ambiente. Noch um 1 Uhr Nachts hat es einen hellen Streif am Horizont und schon um 2 Uhr wird es allmählich wieder hell. Biber, Wölfe, Edelmarder, Dachse , Luchse und eine unglaubliche Vielfalt an Pflanzen, Vögeln oder auch Libellen. Vor einigen Jahren haben wir zusätzlich bei 24 Grad minus im Januar eine Winter-Wigry-Woche organisiert. Eine wunderschöne verschneite Landschaft plus Ski- und Pferdeschlittenfahren auf dem zugefrorenen Wigry-See. Damals im Winter referierte auch Jan Blecharz, der so sympathische Mentaltrainer der polnischen Skispringerlegende Adam Malysz.

2008 lief uns in 100 m Entfernung eine Elch-Mutter mit Zwillingsjungen über den Weg. Unser Riesenschnauzer hat glücklicherweise sofort kapiert, dass wir gegen die nicht anstinken können, sich sofort gesetzt und sich völlig ruhig verhalten.

Seit dem 2. Wigry-Jahr gibt es auch eine anschließende Kajak-Tour. Dort (er)holen wir uns die Kraft für hoffentlich noch viele weitere Wigry-Jahre.